Wie gelingt es, die Seele, den Charme und Charakter – kurz gesagt die DNA – eines historischen Platzes in die Moderne zu transformieren? Diese aktuelle Frage beschäftigt uns gerade in München. Hier soll dem geschichtsträchtigen Holzplatz, der etwas Patina angesetzt hat, neues Leben eingehaucht werden. Der Platz befindet sich in einem der lebendigsten Münchner Innenstadtquartiere, dem Glockenbachviertel.

Binnenhafen und Freddie Mercury

Seinen Namen trägt er wegen seiner Funktion als Stapel- und Trockenplatz für Holz, das von der Isar herkommend, bis ins 19. Jahrhundert dort angeliefert wurde. Zeitweise war das Viertel der größte Binnenhafen Europas, der viel Trubel erlebt und so manchen spannenden Zeitgenossen angezogen haben dürfte, darunter Freddie Mercury, Leadsänger von Queen, der unmittelbar am Platz wohnte und sich von der Atmosphäre inspirieren ließ.

Der Holzplatz wurde in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigt, was zugleich auch seinen derzeitigen Charme ausmacht. Parkende Autos trennen ihn von seinem Umfeld ab und nehmen zu viel Platz ein. Kein Wunder, dass die Bürgerversammlungen des Stadtbezirks in den letzten Jahren des Öfteren seine Umgestaltung behandelten. Sein aktueller Zustand ist nicht nur nach Ansicht der Bewohnerinnen und Bewohner nicht ideal, insbesondere die Nutzung des historischen Pissoirs war immer wieder Gegenstand hitziger Diskussionen. Ein Gleiches gilt für die kleine Stichstraße, die den Platz aktuell von den unmittelbar angrenzenden Häusern abtrennt. Das Ergebnis der Debatten ist eindeutig: Der Platz soll wieder stärker Teil der Nachbarschaft werden, ein lebendiger Begegnungsort, ohne seine DNA zu verleugnen. Das kann nur im Dialog mit der Bürgerschaft gelingen!

Der örtliche Bezirksausschuss (BA) hatte den klaren Willen und Anspruch, diesen Prozess endlich zu starten und die Umgestaltung mit der Bürgerschafft gemeinsam anzugehen. Es handelt sich um ein strittiges Thema, weil absehbar ist, dass es am Ende nicht die eine für alle richtige Lösung geben wird. Deshalb sind die Beteiligung vieler und das Aushandeln der Vorschläge und Wünsche besonders wichtig. Mit unserem Büro unterstützen wir im Auftrag des BA diesen komplexen Prozess. Um die DNA des Platzes zu fassen, haben wir eine Konzeption entwickelt und Vorschläge zur Diskussion gestellt. Dabei nähern wir uns aus drei Richtungen. Zuerst kommt aktuell ein digitaler Fragebogen zum Einsatz, um ein möglichst breites Meinungsbild aus dem Viertel zu den unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten einzufangen. Die Fragen basieren auf vorgeschalteten Interviews mit lokalen Experten und Expertinnen und der Diskussion im BA. Unsere Besonderheit ist die Bitte nach einem persönlichen Bild: Was kommt einem in den Sinn, wenn man den Platz in Zukunft als ein öffentliches Wohnzimmer denkt?

Noch bis Ende März 2021 finden Sie den Fragebogen unter der Adresse: https://form.typeform.com/to/Y7FeejlM

Unseren zweiten Ansatzpunkt bilden die Stadtspaziergänge im Format eines klassischen Janes Walks. Dieser Ansatz einer Kanadischen Stadtaktivistin lädt die Interessierten ein, ihre großen und kleinen Geschichten des Alltags zu erzählen, die sich um den Platz und die angrenzenden Straßen ranken. Hierzu werden Vertreter der Stadt als Gäste eingeladen. Und das dritte, abschließende Element bildet eine Bürgerversammlung. Da wir der Auffassung sind, dass vielschichtige Themen wie die Entwicklung des Stadtraums einer gewissen Leichtigkeit bedürfen, um zu kreativen, allgemein akzeptierten und geschätzten Lösungen zu kommen, setzen wir u. a. auf das Spiel. Wir sind schon in der Planung, wie wir hier spielerisch die Interessen aller Beteiligten und die Vorschläge der Verwaltung zusammenbringen, so dass ein erfolgreicher Konsens erzielt werden kann, der nicht zuletzt der DNA des Holzplatzes gerecht wird.