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Das Management setzt die Spielregeln.
Wer setzt die Spielregeln?

Manche Dinge scheinen sich zu wiederholen. Früher bezeichnete der Taylorismus die Trennung von Kopf- und Handarbeit, heute beschreibt Gamification eine ähnliche Trennung beim Spiel in Unternehmen.

Gamification wirft folgende weitere Fragen auf. Kann das Management mit Spielen die Arbeit in Organisationen dauerhaft steuern? Provoziert es mit der speziellen Mischung aus Motivation und Kontrolle bei den Beschäftigten nicht unerwünschte Gegenreaktionen? Viele Versuche, das Verhalten von Menschen zu steuern, führen zu ungeplanten, teils abweichenden Verhaltensweisen, die sich in informellen Strukturen verfestigten können. Es geht um die noch nicht abschätzbaren Dynamiken, wenn Spiele offiziell als Organisationsregeln etabliert werden. Der britische Soziologe Michael Burawoy beschrieb Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts mit dem Phänomen „Making Out“ informelle „Kontroll-“ und „Wettkampfspiele“ zwischen den Mitarbeitern der Produktion. Die Beschäftigten nutzten Freiräume, die ihnen die Akkordvorgaben ließen, um vorausschauend zu planen und in den Gruppen „informelle“ Leistungsstandards auszuhandeln. Letztlich ging es auch darum, Ressourcen für Produktionshochzeiten vorzuhalten und eine dauerhafte bzw. nachhaltige Leistungsverausgabung zu sichern. Heutzutage werden Spiele und Spielregeln, in der Tradition eines Frederick Taylors (1913), vom Management gesetzt und den Teilnehmern vorgeschrieben.

Spiele werden so zu Machtinstrumenten. Sie sollen gezielt das Verhalten von Menschen beeinflussen. Die, die Beeinflussen verfolgen bestimmte Absichten. In der Regel sind dies ökonomische Interessen. Die Spiele definieren einen klaren Tätigkeitsrahmen und bieten zugleich den Spielraum für Interpretationen. Die Rahmenbedingungen selbst sind jedoch den Veränderungen durch die Spieler entzogen. Können die Regeln im klassischen Gesellschaftsspiel noch unter den Anwesenden verhandelt oder diskutiert werden, sind sie im Fall von Gamification oftmals absolut gesetzt bzw. weisen nur wenige Freiheitsgrade auf. Selbst die zeitliche Begrenzung, wie bei Trainings- oder Planspielen, entfällt zumeist. Oftmals bleibt den Teilnehmern nur die Wahl, Spiel und Spielregeln zu akzeptieren. Akzeptieren sie diese nicht, bleibt ihnen nur der Austritt oder Exit aus dem Spiel.

Der vollständige Artikel erscheint in: Ulrich Blötz (2013): Planspiele in der beruflichen Bildung. Bundesinstitut für Berufsbildung.